James Nachtwey
Bildquelle: Kabul, Afghanistan 1996 © James Nachtwey Archive, Hood Museum of Art Dartmouth
Was bedeutet es, die schlimmsten Taten zu sehen, die Menschen einander antun können – und trotzdem noch an Mitgefühl zu glauben? Die Ausstellung Memoria, die vom 31. Januar bis zum 3. Mai 2026 bei Fotografiska Berlin zu sehen ist, zeigt die Arbeit von James Nachtwey, einem der prägendsten Fotojournalisten unserer Zeit. Mehr als vier Jahrzehnte lang dokumentierte er Konflikte, Ungerechtigkeiten und die brüchigen Bemühungen um einen Rest Menschlichkeit inmitten dieser Krisen. Im Zentrum der Ausstellung stehen die humanitären Konsequenzen von Krieg und drängende gesellschaftliche Fragestellungen. Der Fokus liegt auf dem einzelnen Individuum und dessen Position innerhalb umfassender historischer Umwälzungen. Zugleich reflektiert die Ausstellung die grundlegende Rolle der Fotografie selbst: als Medium des Erinnerns, als Akt der Bewahrung und als Instrument gegen das Vergessen. Während seine Fotografien zweifellos dazu beitragen, Geschichte zu bewahren, liegt ihr wesentlicher Zweck jedoch darin, im gegenwärtigen Moment ein Bewusstsein für menschliches Leid und strukturelle Ungerechtigkeiten zu schaffen und so ein Element des gesellschaftlichen Wandels zu werden. So durchbricht Fotografie Kreisläufe von Gewalt und Auslöschung und bewahrt Geschichten, die sonst verloren gehen könnten.
Memoria lädt ein, innezuhalten und die Welt aus Nachtweys Blickwinkel zu begreifen: nicht als eine Aneinanderreihung von Katastrophen, sondern als eine fragile Abfolge menschlicher Erfahrungen. In seinen Arbeiten geht es nicht um Kampfhandlungen, sondern um die Sehnsucht nach Frieden an Orten, an denen der Frieden bereits zusammengebrochen ist. Sie zeigt die Auswirkungen von Ungerechtigkeit sowie Gewalt und weckt gleichzeitig Mitgefühl, Empathie und ein Gefühl der gemeinsamen Verantwortung – mit der Aufforderung, genau hinzuschauen und zu erinnern.