Lebohang Kganye
Le Sale ka Kgotso

Fotografie wurde schon immer als Beweismittel eingesetzt, ist jedoch ebenso ein Instrument der Imagination – sie verleiht Erinnerungen und kollektiven Erzählungen eine visuelle Form. Ob durch Worte, Fotografie, Skulptur oder mündliche Überlieferung – Lebohang Kganye ist vor allem eines: eine Geschichtenerzählerin.
Le Sale ka Kgotso bedeutet auf Sesotho so viel wie „Verweile in Frieden“. Es ist eine Abschiedsfloskel, die man beim Verlassen eines Hauses ausspricht. Aber Sprache ist niemals eindeutig; sie transportiert stets mehrere Bedeutungsebenen. Wenn der Begriff falsch ausgesprochen wird – le sale le Kgotso – beschwört er nicht den Frieden, sondern einen Tokoloshe herauf: einen boshaften, gefährlichen Geist aus der Xhosa- und Zulu-Mythologie, der Krankheit, Chaos und seelische Zerrüttung bringt. Kganye lenkt die Aufmerksamkeit auf diesen sprachlichen Ausrutscher und zeigt, dass Worte – wie Häuser, wie Geschichten – ambivalent sein können. Wie die Architektur, die sie konstruiert, zeigt auch die Sprache bei Kganye, dass sie selbst zu einer Stätte des Schreckens werden kann. Was wie eine Geste des guten Willens erscheint, kann in Wirklichkeit eine Beschwörung von etwas viel Bedrohlicherem sein.

Le Sale ka Kgotso lädt in eine lebensgroße, begehbare Struktur ein, die einem „Reconstruction and Development Programme” (RDP)-Haus nachempfunden ist: Das südafrikanische sozioökonomische Wohnungsbauprogramm, das von der Regierung unter Präsident Nelson Mandela nach dem Ende der Apartheid im Jahr 1994 umgesetzt wurde. Es dient hier als unheimliches Rahmenwerk, das gleichzeitig massiv und zerbrechlich anmutet und eher von Brüchen als von Lösungen geprägt ist.
Tief im historischen Material verankert, ist Kganyes Arbeit niemals nostalgisch. Sie spricht die ungelöste Gegenwart an – politisch, unheimlich und zugleich zutiefst intim. Sie lehnt Schlussfolgerungen ab und lässt Mythos und Erinnerung ohne Hierarchie nebeneinander bestehen. Mit Le Sale ka Kgotso schafft Kganye ein gespenstisches Haus, in dem sie bewusst Fakten und Fiktion verschwimmen lässt, und familiäre Erinnerungen als Linse nutzt, durch die nationale Mythen untersucht und hinterfragt werden.
CREDITS
Kuratiert wurde die Ausstellung von Marina Paulenka, Director of Exhibitions bei Fotografiska Berlin. Die Koordination übernahm Jessica Jarl, Global Director of Exhibitions von Fotografiska.
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